KiTa-Streik. Oder: Gib´mir mein Geld zurück!

Derzeit streiken die Erzieherinnen und Erzieher in den städtischen Kindertagesstätten. Ein Streik soll unter anderem dadurch Druck auf den Arbeitgeber aufbauen, in dem es teuer für diesen wird. Wenn die Erzieher in den städtischen KiTas streiken, dann spart der Arbeitgeber (die Stadt) jedoch quasi Geld. Die KiTa-Gebühren werden weiterhin von den Eltern erhoben, die Gehälter der Streikenden werden aber nicht ausgezahlt. Das macht, nach grober Schätzung der Verwaltung, in Bielefeld rund 30.000€ pro Streiktag aus.

Die Eltern können ihre Kinder nicht in die KiTa bringen, müssen ihren Jahresurlaub nehmen, müssen für anderweitige, eventuell sogar kostenpflichtige Betreuung sorgen. Und trotzdem die Gebühren bezahlen, die nach Einkommen gestaffelt sind.

Die rechtliche Überprüfung des Sachverhalts hat ergeben, dass die Stadt die Gebühren nicht zurück zahlen muss. Bielefeld geht es finanziell schlecht, jedoch nicht so schlecht, dass wir gar nicht dürften. „Die Erstattung geleisteter Elternbeiträge durch Kommunen, denen die Überschuldung droht, kann nicht geduldet werden“, heißt es in einem Erlass, den das Innenministerium NRW im Jahr 2009 (damals FDP) aus Anlass eines längeren Kita-Streiks an die Städte herausgegeben hatte. Kommunen, deren Haushalt – wie der der Stadt Bielefeld – in Kraft ist, könnten über die Rückerstattung selbst entscheiden. Jedoch dürfe die Rückerstattung nicht dazu führen, dass Konsolidierungsziele gefährdet oder gar verfehlt werden. Wenn die finanzielle Entlastung des Haushaltes durch die im Streik eingesparten Personalkosten höher sei als die Belastung durch die Rückzahlung der Elternbeiträge, sei auch keine Kompensation bei anderen freiwilligen Leistungen notwendig.

Reminder: Den Haushalt der Stadt Bielefeld haben abgelehnt: CDU, FDP, BfB, Linke. Die Rückzahlung der Elternbeiträge fordern aktuell: CDU, Linke. Die FDP schlägt vor, die eingesparten Gelder direkt in die KiTas zu investieren. Die BfB hat bislang keine Meinung geäußert. Das dürfen die alle, das ist auch okay, die sind in der Opposition und übernehmen somit auch keine Verantwortung, wie sie bei der (nicht-)Verabschiedung des Haushalts bewiesen haben, welcher uns überhaupt erst in die Lage versetzt, über eine Rückzahlung entscheiden zu können.

Wir Paprikanisten jedoch haben die Verantwortung und übernehmen sie auch. Daher prüfen wir die Auswirkungen einer möglichen Rückzahlung sehr genau.

Was passiert bei einer Rückzahlung? Das zugegebenermaßen eingesparte Geld ist nicht mehr eingespart. Gleichzeitig werden sich die Kosten für die Betreuung absehbar erhöhen. Die Erzieherinnen und Erzieher fordern (einfach gesagt) eine Gehaltssteigerung von 10% (Anmerkung: ich persönlich halte das für angemessen, ich halte die Erzieherinnen und Erzieher für unterbezahlt).

Wir Paprikaner haben Anfang des Jahres unter anderem die Elternbeiträge erhöht, damit die gestiegenen Kosten aufgefangen werden können. In die Erhöhung haben wir eine jährliche automatische Steigerung von 1,5% eingebaut. Das alles wird möglicherweise nicht reichen. In jedem Fall haben wir für diese Entscheidungen mächtig eins auf den Deckel bekommen. Das ist in Ordnung, nicht jeder ist mit jeder Entscheidung einverstanden.

Wenn nun aber die Gehälter steigen, muss die Stadt (=wir alle) mehr Geld ausgeben. Das muss irgendwo herkommen. Die während des Streiks eingesparten Gelder könnten für eine Abfederung genutzt werden. Ist das nicht mehr möglich, dann müssten wir eventuell die Elternbeiträge noch einmal erhöhen. Dann beschweren sich die Eltern. Oder wir erhöhen irgendwelche Steuern. Dann beschweren sich alle. Oder wir verzichten auf irgendein Projekt (=sparen). Dann beschweren sich die, die das Projekt wollen oder sogar brauchen.

Was ich sagen will: Das ganze Thema ist komplex. Dreht man an einem Rädchen dann drehen sich drölf andere mit. Wir von der Paprikakoalition nehmen uns dieses Themas an und werden eine Entscheidung treffen, die wohl begründet sein wird. Es liegen derzeit keine validen Zahlen vor. Ohne valide Zahlen werden wir keine Entscheidung treffen. Ich kann sagen, dass wir innerhalb der Koalition ein großes Wohlwollen bezüglich der Rückerstattung haben und unsere Denk-Tendenz in diese Richtung geht. Entscheiden werden wir aber nicht übereilt.

Eine persönliche Bitte habe ich noch an die Eltern: Richtet euren Zorn nicht auf die Erzieherinnen und Erzieher. Ein Streik ist ein Grundrecht. Die wollen euch nichts Böses. Sie wollen angemessene Bezahlung. Die haben sie derzeit nicht. Seid solidarisch und fair.

3 Gedanken zu “KiTa-Streik. Oder: Gib´mir mein Geld zurück!

  1. Liebe Eltern, auch ich habe großes Verständnis für euren Unmut! Aber in Tarifverhandlungen geht es auch um den öffentlichen Druck, um die berechtigten Forderungen der Beschäftigten in den Erzieher- und Sozialberufen zu unterstützten und letztendlich gegenüber den öffentlichen Arbeitgebern durchzusetzen. Deshalb, als ersten Schritt: Druck auf die Tarifpartner ausüben, damit akzeptable Angebote auf den Verhandlungstisch kommen! Nach Abschluss der Tarifverhandlungen ist zu prüfen, welche Kosten auf die Stadt durch Tariferhöhungen und mögliche (einmalige oder mehrmalige) Sonderzahlungen zukommen. Und dann erst ist zu prüfen, ob die Stadt an dem Streik „verdient“ hat! Wenn ja, muss Geld an die Eltern zurückgezahlt werden, wenn die Kosten für den dafür erforderlichen Verwaltungsaufwand gerechtfertigt sind. Wenn die Stadt letztendlich an dem Streik nicht verdient hat, kommt das jetzt während des Streiks „eingesparte“ Geld den Beschäftigen in den Sozialberufen durch die Tarifsteigerungen und mögliche Sonderzahlungen zu Gute. Und das wollen wir doch alle, oder?
    Die Stadt darf natürlich nicht an dem Streik verdienen! Auch da sind wir uns hoffentlich einig!

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  2. ähm, 2009 gab es noch keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz…
    Rechtliche Prüfungen gewinnen an Zuverlässigkeit, wenn man die aktuelle Rechtslage berücksichtigt.
    Wenn die Kommune keine Alternative anbietet, und die Eltern selber Geld aufwenden müssen, um ihre lieben Kleinen zu versorgen, könnte das einen Aufwendungsersatzanspruch auslösen. Streik ist hier keine höhere Gewalt, weil Kommunen es selber in der Hand haben, ihn zu beenden.

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