Die Paprika-Koalition hat sich nach intensiver Prüfung der Sachlage und der rechtlichen Implikationen dazu entschieden, die Elternbeiträge unbürokratisch (damit keine unnötigen Verwaltungskosten von bis zu 20,–€ pro Fallbearbeitung anfallen) zurückzuzahlen. Hier der Wortlaut unseres Antrags für die Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 17. Juni 2015:
Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Bürgernähe/PIRATEN
Der Jugendhilfeausschuss beschließt:
1. Den Eltern, die aufgrund eines bestehenden Betreuungsvertrags mit einer Kindertageseinrichtung in städtischer Trägerschaft für den Monat Mai 2015 Elternbeiträge nach der Bielefelder Elternbeitragssatzung entrichtet haben, werden die Beiträge zurückerstattet. Das gilt auch, wenn das Kind während des Streiks der Erzieherinnen und Erzieher in einer der städtischen (Auffang-)Kindertageseinrichtungen betreut worden ist. Ein Antrag der Eltern ist dafür nicht notwendig.
2. Den Eltern, deren Kind während des Streiks der Erzieherinnen und Erzieher in einer Kindertageseinrichtung in städtischer Trägerschaft nicht an der gemeinsamen Mittagsverpflegung in einer der städtischen (Auffang-)Kindertageseinrichtungen teilgenommen hat, wird das von ihnen gezahlte Entgelt für die gemeinsame Mittagsverpflegung taggenau erstattet.
Begründung:
In der Zeit vom 11.05.2015 bis 05.06.2015 haben viele der Erzieherinnen und Erzieher der 42 städtischen Kindertageseinrichtungen gestreikt, um ihren Forderungen auf eine höhere Anerkennung ihrer Arbeitsleistung und eine entsprechende Erhöhung ihres Einkommens Nachdruck zu verleihen. In dieser Zeit konnte lediglich in 10 städtischen Kindertageseinrichtungen ein Notdienst vorgehalten werden, durch den es möglich war, bis zu 648 der 2.911 Kinder in den städtischen Kindertageseinrichtungen zu betreuen. Bereits an den 3 Warnstreiktagen im März bzw. April 2015 im Vorfeld des genannten, fast einmonatigen Streiks konnten nicht alle Kinder betreut werden.
Zu 1.
Auch während des Streiks waren die Eltern in der Pflicht zur Zahlung von Elternbeiträgen nach der Elternbeitragssatzung. Ein Rechtsanspruch der Eltern auf Rückerstattung der gezahlten Elternbeiträge ergibt sich weder aus der Elternbeitragssatzung noch aus anderen rechtlichen Grundlagen.
Trotzdem halten wir es für erforderlich, den Eltern den Beitrag im Rahmen einer einmaligen freiwilligen Leistung zu erstatten. Dabei sind folgende Überlegungen für uns leitend:
• Der Streik führt zu persönlichen und finanziellen Mehrbelastungen bei den Eltern, die alternative Betreuungsmöglichkeiten gesucht und organisiert haben oder z. B. unbezahlten Urlaub nehmen mussten. Auch die Eltern der „notversorgten“ Kinder hatten häufig zusätzliche Aufwände und haben in der Regel trotz der Anstrengungen der Erzieher in den Notversorgungs-Kitas nicht die normale Betreuungsqualität erhalten.
• Auch wenn durch die Elternbeiträge nur ein geringer Teil der Gesamtbetriebskosten finanziert wird und die Hauptlast bei der öffentlichen Hand und hier mehrheitlich bei der Stadt Bielefeld liegt, erbringen die Eltern durch die Zahlung der Elternbeiträge eine „Gegenleistung“ für die Betreuungsleistung. Diese Gegenleistung ist während des Streiks ausgeblieben, weshalb die Erhebung des Elternbeitrags als ungerecht empfunden wird.
Der Antrag, eine freiwillige Erstattung für einen ganzen Monat vorzunehmen, ist unter Beachtung auch der drei zuvor erfolgten Warnstreiktage vertretbar. Diese pauschale Betrachtungsweise erspart Eltern und Verwaltung überdies eine individuelle Ermittlung und Feststellung, wann und in welchem Umfang welches Kind in einer städtischen (Auffang-) Kindertageseinrichtung betreut worden ist. Den Bezug zum Monat Mai 2015 herzustellen, ist sachgerecht, da es sich hierbei um den Hauptmonat des Streiks handelt.
Der Antrag, die freiwillige Erstattung auch den Eltern gegenüber zu erbringen, deren Kinder während des Streiks tageweise oder ggfs. auch dauerhaft in einer der städtischen (Auffang-) Kindertageseinrichtungen betreut worden sind, ist nach Abwägen aller Aspekte ebenfalls sachgerecht. Erstens erspart auch hier die pauschale Betrachtungsweise den Eltern und der Verwaltung eine individuelle Ermittlung und Feststellung, wann und in welchem Umfang welches Kind in einer städtischen (Auffang-)Kindertageseinrichtung betreut worden ist. Zweitens ist davon auszugehen, dass es trotz allen Engagements der nicht am Streik beteiligten Erzieherinnen und Erzieher während des Streiks wegen der häufigen, ggfs. sogar täglichen Veränderung in den Gruppenzusammensetzungen und in der Personalsituation nicht möglich gewesen sein wird, die hohe Qualität der Betreuung, Bildung und Erziehung in den städtischen Kindertageseinrichtungen aufrecht zu erhalten. Zudem war diese Situation auch für die Kinder sehr belastend. Und drittens ist zu berücksichtigen, dass die Eltern, deren Kinder während des Streiks eine der städtischen (Auffang-) Kindertageseinrichtungen besucht haben, durch die Suche und Organisation sowie die Bringe- und Abholsituation vielfach ebenfalls einen höheren Aufwand hatten.
Zu 2.
Anders als beim Elternbeitrag besteht beim Entgelt für die gemeinsame Mittagsverpflegung ein sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergebender Rechtsanspruch der Eltern auf Rückerstattung des von ihnen gezahlten Entgelts, soweit ein Kind während des Streiks der Erzieherinnen und Erzieher in den städtischen Kindertageseinrichtung nicht an der gemeinsamen Mittagsverpflegung in einer der städtischen (Auffang-) Kindertageseinrichtungen teilgenommen hat.
Wir halten es für richtig, dass hier eine taggenaue Berechnung vorgenommen wird. Den Eltern, deren Kind nicht an der gemeinsamen Mittagsverpflegung teilgenommen hat, wird das Essenentgelt erstattet. Allen anderen wird es nicht erstattet, weil die Kinder die vereinbarte Leistung Mittagsverpflegung vollumfänglich erhalten haben und die Eltern deshalb verpflichtet sind, das diesbezügliche Entgelt zu entrichten. Dies ist auch deshalb notwendig, weil ein Teil der Finanzierung des Essensentgelts über BuT-Mittel erfolgt.
Das Vorgehen der Spitzabrechnung beim Essenentgelt entspricht dem bewährten Verfahren beim letzten Streik im Jahr 2009.