Hier die komplette Tagesordnung der letzten Ratssitzung: https://anwendungen.bielefeld.de/bi/si0057.asp?__ksinr=7453

Bei dieser Ratssitzung gab es neben vielen Beschlüssen, die vorher schon in den Bezirksvertretungen und Fachausschüssen diskutiert worden sind, nur zwei politische Anträge die ich hier kurz kommentiere.

1.: Eckdatenbeschluss zum Haushalt der Koalition:

Es ist aus irgendeinem Grunde Tradition, dass um Ostern herum ein Eckdatenbeschluss vorgelegt wird. Anders als die Vorstellung der Eckwerte des Finanzministeriums auf Bundesebene hat dieser Beschluss keinerlei faktischen Auswirkungen. Im Endeffekt kann hier über das weitere Vorgehen der Mehrheitskoalition debattiert werden und wie die Opposition das findet, die dann auch Gegenanträge einbringen kann.

Der vorliegende Antrag von SPD, Grünen und Linken bewirkt exakt nichts. Hätten wir diesen nicht beschlossen, hätte das Amt für Finanzen nichts anders gemacht, als bisher. Entscheidend sind die konkreten Beschlüsse zu einzelnen Themen und Vorhaben. Auch als Absichtserklärung taugt der Eckdatenbeschluss nicht wirklich, da er nur eine Bekräftigung – und somit Wiederholung – des Koalitionsvertrages ist, sich auf bereits beschlossene Dinge bezieht und vor allem insgesamt sehr nebulös bleibt.

Die rechte Opposition hat mit eigenen Anträgen ebenso traditionell gefordert, dass Stellen in der Verwaltung eingespart werden sollen. Bei konkreten Beschlüssen zu Mehrstellen im weiteren Verlauf der Tagesordnung (Citymanagement, Veterinäramt) hat sie jedoch zugestimmt.

Natürlich kann ich den wenigen (sehr allgemeinen) Aussagen des Koalitionsantrages zustimmen („Wir wollen nicht in die Haushaltssicherung!“, „Die Gesundheitsversorgung muss verbessert werden!“, „Die soziale Infrastruktur muss gesichert werden!“). Gleichwohl habe ich mich enthalten, weil dieser Eckdatenbeschluss eine ähnliche Wirkung erzeugt, wie ein Beipackzettel eines homöopathischen Medikaments. Die Musik fängt an zu spielen, wenn konkrete Beschlüsse unter konkreten Haushaltsbedingungen vorliegen.

2.: Hundedingens

Die FDP hat ein Herz für Hunde und ihre Besitzer*innen entdeckt. Wie schön ist das denn? Ja, genau, ihr ahnt es schon. Sie hat eine etwas größere Kampagne gestartet, so richtig mit Online-Petition, zwei zweistündigen Infoständen und Plakaten, um die Halbierung der Hundesteuer zu fordern. Kann man natürlich machen. Warum das in der Form, wie die FDP das aufgezogen hat, nur populistisches Gedöhns ist, habe ich in meiner Rede erklärt:


>>> Man braucht 1.188 Hunde, um die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bielefeld zu finanzieren.

Die FDP-Fraktion erhält 171.089,94€ pro Jahr vom Steuerzahler, auch vom Hundesteuerzahler. Davon wurde zum Beispiel diese Kampagne vollumfänglich bezahlt.

Der Antrag der FDP sagt also aus, dass wir in Zukunft 2.376 Hunde brauchen, also doppelt so viele, um allein die FDP zu finanzieren.

Aber Spaß beiseite: Die Hundesteuer ist keine zweckgebundene Steuer, das heißt, das die Einnahmen nicht explizit für Hunde ausgegeben werden müssen. Wir können uns jedoch einmal anschauen, was wir im Haushaltsplan der Stadt Bielefeld zum Thema finden können.

So finden wir auf den Seiten 466 ff. im Haushaltsplan die Aufgaben des Veterinäramtes, die unter anderem mit folgendem beschrieben wurden: Überwachung vieler tierschutzrechtlicher Fragen, Umsetzung der Aufgaben nach dem Landeshundegesetz „gefährliche Hunde“, Überwachung des illegalen Welpenhandels und vieles mehr.

Alle Produktgruppen zusammen kosten insgesamt 1.440,–€ pro tausend Einwohner, also rund 500.000,–€.

Ein Tierheim ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Wir haben das mit einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung an den Tierschutzverein abgegeben. Dieser erhält dafür rund 400.000,–€ pro Jahr. Am Rande: Würden wir ein eigenes städtisch geführtes Tierheim betreiben, wären die Kosten höher, wie Beispiele aus anderen Städten beweisen. Vielen Dank also an den Tierschutzverein!

Wir unterhalten in Bielefeld 8 Hundeauslaufbereiche, die zum Teil eingezäunt sind. Diese müssen gepflegt werden, Löcher verfüllt, Rasen gesät und gemäht, Begleitgrün beschnitten, Zäune repariert werden. Die zahlreichen vorhandenen Kotbeutelspender müssen regelmäßig befüllt und ggf. ausgebessert werden. Last but not least müssen die Hinterlassenschaften entfernt werden, die nicht ordnungsgemäß entsorgt wurden. Aber auch die Mülleimer mit den ordnungsgemäß entsorgten Hinterlassenschaften müssen regelmäßig geleert werden.

Diese Aufwendungen der Grünflächenunterhaltung und der Stadtreinigung sind nicht auf die letzte Nachkommastelle zu berechnen, allerdings nicht unerheblich.

Alles zusammengerechnet werden die Einnahmen der Hundesteuer also ungefähr die Aufwendungen in diesem Bereich decken. Wir brauchen das Geld, denn wir leisten uns ja zusätzlich eine teure FDP-Fraktion.

Zudem ist die Forderung nach einer Halbierung der Hundesteuer meiner Ansicht nach stumpf. Ich selber habe einen Hund, der Oberbürgermeister hat einen Hund und ich weiß von einigen weiteren Ratsmitgliedern, dass sie einen Hund haben. Wir können es uns schlicht und ergreifend leisten, 144,–€ pro Jahr, also 12,–€ pro Monat, als Beitrag zu zahlen – vor allem im Wissen, dass mit dem Geld gute Dinge passieren. Warum soll jemand in der Einkommenskategorie des Oberbürgermeisters 72,–€ weniger zahlen?

Die FDP möchte, dass Pit Clausen in Zukunft 72,–€ mehr pro Jahr im Portemonnaie hat.
Bildquelle: Facebook-Screenshot der öffentlichen Seite von Pit Clausen https://www.facebook.com/pit.clausen/photos/4354626814607453

Bei der Hundesteuer gibt es bereits jetzt eine soziale Komponente: Hat jemand sehr wenig Geld, muss auch keine Hundesteuer gezahlt werden. Wer es sich leisten kann, muss zahlen. Klingt gerecht, oder?

Die FDP hat sich meiner Ansicht nach insgesamt mittlerweile in eine Falle gelockt, aus der sie nicht mehr herausfindet – diese populistische Kampagne zur Hundesteuersenkung ist nur ein Beispiel einer langen Reihe. Jan-Maik Schlifter teilt im Kontext seines „Permanent Campaigning“ gerne stolz ein Foto von sich, auf dem er in ein Megafon brüllt. So agiert die Bielefelder FDP insgesamt permanent und auch hier beim Thema. Vielleicht sollte die FDP mal andere seriösere Kommunikations- und Politikvarianten ausprobieren. <<<

Jan-Maik Schlifter von der FDP brüllt herum.
Bildquelle: Öffentliches Facebook-Profil von Jan-Maik Schlifter am 01.04.2023 https://www.facebook.com/janmaik.schlifter

Hintergrund zu Hundekot in Parks: https://www.deutschlandfunk.de/hundekot-naturschutzgebiete-phosphor-stickstoff-100.html

Mein Blogbeitrag zur Erhöhung der Hundesteuer 2016: https://stadtratereigugat.com/2016/04/19/hundesteuer-betonmonster-und-die-kinder/

Zu allgemeinen und historischen Hintergründen der Hundesteuer: https://de.wikipedia.org/wiki/Hundesteuer

Alle Infos zur Hundesteuer in Bielefeld inkl. eines Ermäßigungsantrages: https://www.bielefeld.de/node/5873

Michael Gugat mit seiner Malu aka „Susi Sorglos“

Presseschau:

Link zum Artikel: https://www.nw.de/lokal/bielefeld/mitte/23524678_FDP-scheitert-mit-Bielefelder-Online-Petition-zur-Halbierung-der-Hundesteuer.html
Link zum Artikel: https://www.westfalen-blatt.de/owl/bielefeld/keine-senkung-der-hundesteuer-2732705

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